18. Wir müssen hier raus

Als ich aufwachte lag ich auf Schnee. So viel Schnee. Neben mir lag Sebastian. Ich stand auf. Es schneite. Alles war weiß. In der Ferne sah ich ein Haus. Ich ging ein paar Schritte. Der Schnee knirschte unter meinen Füßen. „Sie darf Lily nicht kriegen.“, hörte ich Sebastian. Ich drehte mich um. Er stand auf und ging zu mir. Er schien verletzt zu sein. Um uns herum lagen die Bruchteile von Union, auch von Schnee bedeckt. Wir gingen einfach in irgendeine Richtung. Sebastian humpelte. „Ist das … unser Haus?“, fragte Sebastian. „Vielleicht hat sie ja dort Lily versteckt.“ vermutete ich. „Ja, dort müssen sie sein…Ich muss weiter.“, murmelte er und spritzte sich etwas. Wir liefen los. Da knisterte Sebastians Kommunikator. „Hast du eine neue Frequenz?“, fragte ich. Er nickte. Wir folgten dem Signal. „Sie sind unvorbereitet. Union läuft so reibungslos, dass sie es nicht mehr genau überwachen.“ kam Myra aus dem Kommunikator. „Jetzt oder nie.“, sagte Kidman. „Wir müssten Lily befreien können, bevor sie es mitkriegen.“, meinte Theodore, „Wenn sie raus ist, sind wir so gut wie unsichtbar.“ „Sind sie sich da sicher, Theodore?“, fragte Kidman, „Jemand Hochrangiges wie sie… wenn sie geschnappt werden…“ „Ich habe meinen Entschluss gefasst.“, unterbrach Theodore sie, „Ich kann nicht mehr tatenlos zusehen, wie sie dieses arme Kind für ihre Zwecke missbrauchen.“ „Dieser dreckige Mistkerl hatte von Anfang an seine Pläne.“, schimpfte Sebastian. „Er hat ihnen nur erzählt, was sie hören wollten.“, bemerkte ich. Wir suchten das nächste Signal. „Esmeralda ist in Union und wartet auf Anweisungen.“ hörten wir Kidman, beim nächsten Resonanzpunkt. „Gehen wir, Myra. Es wird Zeit.“, meinte Theodore. „Bist du dir sicher, Myra? Sobald du zum Kern wirst, kannst du nicht mehr….“, begann Kidman. „Ich weiß, aber wenn ich es nicht tue, spüren sie Lily auf und bringen sie wieder zurück.“, unterbrach Myra sie, „Das kann ich nicht zulassen. Versprich mir nur, Lily zu Sebastian zu bringen, wenn alles vorbei ist.“ „Versprochen, Myra. Dann heißt es jetzt Lebewohl…“, meinte Kidman. „Myra hatte vor zum Kern zu werden? Warum?“, fragte Sebastian. Ich zuckte mit den Schultern. Am nächsten Resonanzpunkt ging es weiter. „Da ist sie. Schnell. Theodore… Was tun sie da?“, fragte Myra. „Dachten sie wirklich, ich lasse zu, dass sie Mobius vernichten?“, fragte Theodore. „Verräter.“, knurrte ich. „Sie besitzen keinen Weitblick, sind aber viel zu wichtig für mich. Wenn ich sie kontrolliere…“, ergänzte Theodore, „Wenn ich STEM kontrolliere… werden sie ihr volles Potenzial entfalten. Jetzt geben sie sie mir.“ „Nur über meine Leiche.“, meinte Myra. „Wenn das ihr Wunsch ist.“, sagte Theodore. „Da ist es passiert. Als alles begann, zusammenzubrechen.“, erkannte Sebastian. Da entdeckte ich etwas. „Ist das nicht dein Büro?“, fragte ich. Sebastian drehte sich um. „Was macht das denn hier?“, fragte er und lief hin. Ich folgte ihm. An der Pinnwand waren noch immer die Informationen über Stefano, mich, die Mobiusagenten und Theodore. Alle Bilder waren durchgestrichen, außer meins. Sebastian ging durch die Tür in Richtung Spiegel. Ich setzte mich auf einen Stuhl. Auf dem Tisch lag zusammengerollt ein Kätzchen. Ich streichelte es. Sebastian ging weiter. Das Kätzchen zuckte nur mit den Ohren. Ich folgte Sebastian. Er saß auf einem Stuhl und starrte ins Nichts. Er schien besorgt zu sein. Dann stand er auf. Scheinbar hatte er Kopfschmerzen. „Wir sollten weiter.“, meinte ich. „Ich weiß nicht ob ich das schaffe.“, murmelte er, „Ich habe Angst zu versagen. Was ist wenn ich sie nicht retten kann.“ „Du hast es so weit geschafft! Und jetzt willst du einfach aufgeben! Lily glaubt an dich! Du schaffst das! Wir haben so viel durchgemacht. Du kannst das schaffen! Nur du kannst sie retten!“, motivierte ich ihn. „Du hast recht. Lily braucht mich.“, erkannte er. Wir gingen wieder nach draußen zum nächsten Resonanzpunkt. „Lauf, Lily! Versteck dich! Ich finde dich!“, rief Myra durch den Kommunikator. „Was zum Teufel tun sie da Myra?“, meinte Theodore. „Ich beschütze meine Tochter!“, erklärte sie. „Sie Närrin. Die Macht, die sie besitzt… Sie verstehen es nicht…“, rief Theodore. „Nein, SIE verstehen nicht, was ich tun werde, um sie zu beschützen.“, konterte Myra. „Verdammt, Myra! Sie können nicht weglaufen! Ich finde sie!“, brüllte Theodore. „Du hast es geschafft. Du hast sie beschützt.“, murmelte Sebastian, „Aber jetzt bringst du sie in Gefahr.“ Wir liefen zu einem Haus auf dem Berg. Davor stand Myra. Sebastian lief zu ihr. „Myra? Bist du das?“, fragte er. Ich hielt mich im Hintergrund. Myra fing wieder an zu wechseln. „Sebastian…“, sagte sie. Er lief auf sie zu, doch sie wich zurück. Sebastian blieb stehen. „Warum bekämpfst du mich, Myra?“, fragte er. „Du … verstehst es nicht…“, sagte sie, „Das ist unser neues Zuhause. Lily wird hier sicher sein. Glücklich. Frei von Angst. Frei von Schmerz.“ „Nein, Myra. Das ist nicht real. Schmerz gehört zum Leben und Liebe auch. Wenn sie hier drin bleibt … ist ihr Leben nicht frei von Angst…“, erzählte Sebastian, „Weil sie nämlich überhaupt kein Leben hat…“ „Du verstehst es nicht! Was sie ihr angetan haben. Ich kann sie beschützen.“, rief sie. „Nein, bitte lass sie uns hier rausbringen und zwar gemeinsam. Wir können wieder eine Familie sein…“, bat Sebastian und rannte ihr hinter her. Myra fing wieder an sich zu ändern. „Nein! Ich lasse nicht zu, dass sie mir jemand wegnimmt!“, rief sie und wurde zu dem Monster. „Nein, bitte, Myra.“, sagte Sebastian, „Wir haben noch Zeit. Verschwinden wir von hier…“ Sebastian zog seine Pistole. „Ich werde Lily nicht hierlassen.“, sagte er, „Bitte.“ „Wer das versucht…“, murmelte sie, „…wird sterben!“ Sie rannte auf Sebastian zu. „Zwing mich nicht dazu!“ rief Sebastian heulend und schoss. Ich rannte an den beiden vorbei ins Haus, zu Lily. Ich schlich mich in ihr Zimmer. Sie saß auf ihrem Bett und rieb sich die Augen. „Maxis? Was machst du denn hier?“, fragte sie. „Ich wollte sichergehen, dass es dir gut geht.“, sagte ich glücklich und setzte mich neben ihr Bett. Hier drin war es so still. Durch das Fenster sah ich ein großes Monster. „Was ist den da draußen?“, fragte Lily. „Nichts. Schlaf ruhig weiter.“, meinte ich. Sie legte sich wieder hin und schlief weiter. An ihrer Wand hingen viele Bilder von ihr, Sebastian und Myra. Ich entdeckte auch ein Bild von mir und Billy. Lily schlief ruhig, während draußen die Welt unterging. Ich sah noch einmal aus dem Fenster. Das Monster draußen war verschwunden, stattdessen war ein Meer aus weißem Schleim entstanden. „Hoffentlich hat Sebastian es geschafft.“, murmelte ich. „Lily!“, hörte ich Sebastian. Ich verließ den Raum. „Lily ist oben.“, sagte ich, „Wo ist Myra?“ „Sie ist draußen. Sie kommt noch nach.“, antwortete er und stürmte nach oben. Aus dem Fenster konnte ich Myra schon sehen. Ich lief ihr entgegen und half ihr zum Haus. Sie war verletzt. „Myra!“, rief Sebastian, als wir durch die Tür reinkamen. Er stand auf der Treppe und hatte Lily auf dem Arm. „Ich habe sie! Los. Verschwinden wir von hier.“ befahl Sebastian. „Tut mir leid, Sebastian. Ich kann nicht.“, sagte sie. „Doch du kannst! Ich trage euch beide, wenn es sein muss, aber ich…“, rief Sebastian aufgeregt. „Nein!“, unterbrach sie ihn, „Mobius muss aufgehalten werden.“ Sie humpelte zu einem Tisch. „Vergiss Mobius. Wir haben schon zu viel an sie verloren…“ wand Sebastian ein, „Wir können entkommen, nur wir. Wir gehen an einen Ort, an dem sie uns niemals finden.“ „Man kann sich nicht verstecken. Sie sind überall.“, erklärte Myra, „Lily wird immer in Gefahr sein… wenn ich sie nicht ausschalte.“ „Okay. Gut. Ich warte. Sobald Mobius Geschichte ist…“, sagte Sebastian. „So funktioniert das nicht, Sebastian. Das ist nur aus dem Inneren möglich.“, rief sie, „STEM ist mehr als nur dieser Ort. Ganz Mobius ist über Chips in den Köpfen damit verbunden. Sobald ich die Macht des Kerns übernehme, kann ich ein Signal übertragen, wenn Union zusammenbricht. Ein Signal, das Mobius ein für alle Mal ausschalten kann.“ „Aber wir sind endlich wieder zusammen.“, wandt Sebastian ein. „Ich habe keine andere Wahl. Das ist Teil des Plans. Das war es immer. Es tut mir leid.“ „Was… was wenn ich … wenn ich Mobius ausschalte…. Dann könnt ihr zusammen flüchten… dann wäre ich vielleicht doch nocht zu irgendetwas nützlich.“, schlug ich vor und versuchte zu lächeln. „Aber dann wirst du hier niemals rauskommen.“ wandt Myra ein, „Das kann ich nicht verantworten.“ „Ich habe das unvermeidliche schon lange genug herausgezögert. Ich würde dort draußen sowieso sterben.“, meinte ich. Sie nickte widerwillig. Dann erklärte sie mir was ich zu tun hatte. „Dann lass uns gehen, Myra.“, sagte Sebastian. „Danke, Maxis.“, sagte sie. Sie liefen davon, in Richtung Ausgang. Ich tat was Myra mir befohlen hatte. Als ich fertig war, stellte ich mich vor das Haus. Alles fiel zusammen, selbst das Haus. Ich sah mir das Bild an, das Lily gezeichnet hatte. „Ich habe alles verloren. Was macht das jetzt schon aus. Wenigstens sind sie glücklich.“, meinte ich. Alles fiel ins Nichts, genau wie auf der anderen Ebene. Überall flogen Teile auf den Boden, wodurch Risse entstanden. Alles fiel ins Nichts, bis nichts mehr übrig war. Ein Riss ging durch das Haus. Ich fiel hinein. Es war stockdunkel. Nur mein Auge leuchtete rot. Nichts war mehr übrig, außer mir. Ich wurde schwächer und mein Auge hörte auf zu leuchten.

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